Der
Wasserturm

Das dominierenste Bauwerk an der Mühlenstraße ist zweifellos auch heute noch der Wasserturm. Er ist allerdings nicht nur „das“ Wahrzeichen Blumenthals, sondern hatte – was vielen unbekannt sein dürfte – noch bis in die 90er Jahre eine Bedeutung für die Wasserversorgung Blumenthals. Der in 30 Metern Höhe in ihm eingebaute Tank dient mit seinen 300000 Liter Wasser als Trinkwasserreservoir. Sollten durch einen Stromausfall die Pumpen im Blumenthaler Wasserwerk kurzfristig „lahmgelegt“ werden, öffnen sich im Wasserturm automatisch Klappen, so dass die 300000 Liter Wasser aus dem Turm in das Leitungsnetz eingespeist werden können.

So sichert der alte Wasserturm – Oberbaurat Cohn, Charlottenburg, schrieb in seinem Werk „Bauen und Wohnen in der Industriegemeinde Blumenthal (Unterweser)“ wörtlich über ihn: … „der so stolz und doch so schlicht und stark als weithin ragendes Wahrzeichen der stark pulsierenden Entwicklung des Ortes und des darin waltenden Dranges zur Höhe empor wächst“ – den Blumenthalern notfalls noch heute ihr Trinkwasser. Und das, obwohl sie ihn eigentlich gar nicht wollten: Auf der im Januar 1927 in der Strandhalle durchgeführten Einwohnerversammlung sprachen sich nämlich selbst prominente Blumenthaler gegen Wasserwerk und Wasserturm aus, gaben ihrem „klaren und geschmackvollen Brunnenwasser“ den Vorzug vor dem „verchlorten und abgestandenen Leitungswasser“.

Am 14. April 1927 wurde dann aber doch mit dem Bau des 50 Meter hohen Wasserturmes begonnen, am l. September des gleichen Jahres wurde er gerichtet und Anfang März 1928 fertiggestellt. Und an „Kunst im öffentlichen Raum“ wurde damals – obwohl diesen heute gängigen Begriff noch niemand kannte – auch schon gedacht: über den drei Bogen an der Vorderseite des Turmes, der im übrigen mit einer Badeanstalt gekoppelt war, wurden drei Tafeln angebracht.

Auf der linken Platte ist der Meeresgott Neptun zu sehen. Die mittlere Platte erinnert sehr stark an das Blumenthaler Wappen (Sowohl bei der Takelage des Schiffes als auch insbesondere beim Kammbalken sind allerdings Abweichungen festzustellen), während die rechte eine Eule als Symbol für Wissenschaft und Technik zeigt.

Friedrich Karl Kürten, von 1907 bis 1933 Bürgermeister in Blumenthal, schreibt in seinem Werk „Die Entwicklung Blumenthals während meiner Amtszeit“ über den Blumenthaler Wasserturm: „Der Wasserturm hat einen Behälter von 300 Kubikmetern Inhalt. Der Behälter ist acht Meter hoch und hat einen Durchmesser von sieben Metern. Die Einstellung der selbsttätigen Schalt-, Fernmelde- und Alarmeinrichtung erfolgt in der Weise, dass die Pumpen bereits in Tätigkeit treten, wenn sich in dem Behälter noch etwa 110 Kubikmeter Wasser befinden. Die selbsttätige Ausschaltung erfolgt schon bei einem Behälterinhalt von etwa 300 Kubikmetern. Außerdem ist der Behälter mit einem Überlaufrohr verbunden, so dass die Sicherheit des Betriebes in jeder Hinsicht gewährleistet ist. Durch die Fernmeldeanlage ist es jederzeit möglich, im Maschinenhaus und im Elektrizitätswerk den Wasserstand im Turm abzulesen.“

Der Wasserturm mitten im Wasserschutzgebiet Blumenthal, seit Anfang der neunziger Jahre ist er aber als Hochbehälter nicht mehr für die Trinkwasserversorgung in Funktion. Heute sorgen moderne, elektrisch betriebene Pumpen der swb Norvia für den nötigen Druck im Wassernetz.

Die Stadt Blumenthal gehörte bis zu ihrer Eingemeindung im Jahr 1939 noch zu Hannover. Der Wasserturm war technischer Bestandteil der Wasserversorgung und sollte mit Hilfe eines wasserbefüllten Stahlbehälters unterm Dach für den Druck im Trinkwassernetz sorgen. In den beiden symmetrisch angelegten Flügelbauten wurden vor 72 Jahren eine Badeanstalt sowie ein Kindergarten mit 44 Kindergartenplätzen untergebracht. Die Badeanstalt existiert heute nicht mehr, aber wer am Wasserturm vorbeigeht, erkennt an den fröhlichen Kinderstimmen, dass der Kindergarten als Einrichtung nach wie vor besteht.

Die Kindertagesstätte Wasserturm in Blumenthal wurde erstmals 1966 zu einem vollwertigen Kindertagesheim mit insgesamt 72 Plätzen ausgebaut. Die Badeanstalt im Wasserturm wurde mit der Eröffnung des neuen Kombibades Bremen-Nord 1965 geschlossen. Anderseits war die Erweiterung dringend nötig geworden, denn die Anmeldung und Nachfrage nach freien Plätzen, war enorm. Im gleichen Jahr konnten die Kindergartenräume im Wasserturm bezogen werden.

Gravierende Entwicklungen und Veränderungen haben das Bild der Einrichtung in den letzten Jahrzehnten geprägt. Aus ursprünglich industrieller Bausubstanz und Architektur mit überwiegend funktionaler mechanischer und hygienischer Ausrichtung, zum Wohle des Gemeinwesens, ist im Verlaufe des letzten Jahrhunderts eine moderne pädagogische Kinder und Jugendeinrichtung geworden.

Das Kindertagesheim Wasserturm, in seiner Vielschichtigkeit hat nicht nur bauliche, pädagogisch -inhaltliche und organisatorische Veränderungen und Entwicklungen vollzogen , sondern ist in seiner traditionellen Verbundenheit, eine Einrichtung geblieben, die sich immer für Kinder und deren Familie engagiert hat. Das Kindertagesheim Wasserturm erfreut sich weiterhin einer hohen Beliebtheit bei Kindern, Eltern und Großeltern der Einrichtung , das belegen Jahr für Jahr die hohen Anmeldezahlen für den Kindergarten und Hort Bereich. Engagement und hohe fachliche Kompetenz der Mitarbeiterinnen, haben in den letzten Jahrzehnten die Arbeit in diesem Hause geprägt.

Quelle: Rainer Steinbach